Verstört

Ich mochte gestern nicht, obwohl es drei Mal Idli gab.
(Idli = fluffige Reismuffins)

Donnerstagabend, 22 Uhr:

So fühle diesmal nicht ich mich, sondern Charlotte. Für mich vollkommen nachvollziehbar. Der Geruch von Benzin liegt noch in der Luft, während ich mittlerweile eine Stunde später als gewöhnlich in meinem Bett liege.

Vor zwei Stunden saßen wir noch entspannt in unserem Zimmer und haben die kaputten Klamotten der Kinder genäht während im Hintergrund die drei Fragezeichen liefen.  Als die Kinder aufhörten zu beten, wollten wir wie immer beim Verteilen des Essens helfen. Im Flur auf dem Weg in die Küche kam uns jedoch direkt einer der älteren Jungs entgegen und gab uns lautstark zu verstehen, dass wir zurückbleiben sollten.

„Snake, snake, snake!“

Eine Schlange. Im Flur der Kinder.  So leise und angespannt habe ich die Stimmung im Waisenhaus bisher noch nicht erlebt. Eine der Nonnen war bereits mit einem großen Stock bewaffnet auf der Suche nach ihr. Ein paar der älteren Jungs schafften Schulranzen beiseite. Die restlichen Kinder saßen derweil in absoluter Ruhe in den Gebetsräumen. Charlotte und ich beobachteten alles vom anderen Ende des Flures.
Zwei kleine Eimer Benzin o.ä. wurden über die Schlange gekippt, bevor sie erschlagen wurde. Aus unserer Sicht sehr makaber. Ich kann und möchte nicht mal eine Mücke erschlagen. Allerdings sehe ich mich nicht in der Position diese Situation wirklich bewerten zu können. Wir wissen nicht, ob sie giftig war oder nicht und sind in Deutschland doch keinerlei ernsthafter Bedrohung durch Tiere ausgesetzt. Was ich jedoch definitiv weiß ist, dass diese Situation mit sehr großem Respekt, wenn nicht sogar Angst gehandhabt wurde und dies macht es für mich nachvollziehbar.

Die Schlange wurde nach draußen gebracht, bevor die Stelle im Flur mit Zeitungspapier ausgelegt wurde. Als ich mich noch fragte was genau sie damit bezwecken wollen, zündete ein Junge die Zeitung an. Steinboden. Wie praktisch, um das Benzin loszuwerden. Die ein Meter hohen Flammen waren kurz davor auf die darüber hängende Wäsche überzugehen, als das Feuer glücklicherweise erlosch. Vor lauter Perplexität musste ich kurz auflachen. Ein Feuer im Haus legen. Bei uns undenkbar, wenn man nicht die Absicht besitzt das gesamte Haus niederzubrennen.

Die allgemeine niedergeschlagene Stimmung hielt noch während des Abendessens an.

 

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